Virtueller Bericht von Wayan, dem Pool-Chef


Heute bin ich wie immer pünktlich zur Arbeit gekommen, die Götter waren meinem betagten und altersschwachen Motorrad wieder einmal gnädig, ich werde ihnen mit einer Opfergabe dafür danken und um weiteren Schutz für mein Motorrad bitten. Ich denke, das Geld für den längst überfälligen Service gebe ich besser für Opfergaben aus.


Ich mache mir Sorgen um den Pool und um meinen Job. Mister Raymond schwatzt laufend drein obwohl er nicht viel davon versteht. Was sollen diese komischen Kurven und die ellenlangen, verwirrlichen Zahlen Kolonen die er täglich erweitert? Aber er ist nun mal der Boss, oder besser gesagt der Ehemann von Ibu Thea (Anm. der Red.: „Ibu“ = Titel für (weibliches) Familienoberhaupt /Chefin), da kann ich nichts machen. Aber es untergräbt meine verantwortungsvolle Stellung als Pool-Chef. Komang, mein Stellvertreter in Sachen Pool, kann mir nicht gefährlich werden. Einerseits spricht er kein Englisch und andererseits ist er ein Priester-Sohn, der von Technik keine Ahnung hat. Aber zusammen mit Mister Raymond könnte er es möglicherweise doch schaffen. Das gefährdet meinen sicheren Job.


Und dabei brauche ich einen sicheren Job. Für die Zeremonien, für die Familie mit meinen drei Kindern und meiner Ehefrau Any und, sofern es reicht, auch für die Rückzahlung der Kredite. Und neuerdings kommen sogar noch die Benzinkosten dazu, nachdem Ibu Thea das gelagerte Benzin in der Villa Jepun aussschliesslich für die Gartengeräte verwendet haben will. Im Salär ist zwar Benzingeld als Extra vorhanden, aber das ist bereits für andere Ausgaben reserviert. Und seit Ibu Thea das Waschpulver weg gesperrt hat, muss ich auch noch das Reinigungsmittel für das Motorrad selbst berappen.


Ibu Thea und Mister Raymond sind wie alle Europäer mehr oder weniger unberechenbar. Aber alles in allem doch gutmütig und glücklicherweise auch etwas naiv, sodass meine Freiheiten nicht all zu sehr beschränkt werden. Früher hatte ich das Geschehen noch besser im Griff. Damals sprach ich als einziger Englisch. Und so gelang es mir das Eine oder Andere ins rechte Lot zu rücken. Aber heute sprechen noch zwei weitere Mitarbeiter Englisch und Ibu Thea scheint Indonesisch schon recht gut zu verstehen, sodass korrigierende Informationen immer schwieriger zu platzieren sind.


Was ich nie verstehen werde ist die Stellung der Männer bei den Europäern. Der Security hat mir erzählt, dass Mister Raymond am Sonntag, wenn alle Staffs frei haben, sogar den Abwasch macht. Und nur in Sachen Technik kann er alleine entscheiden. Alle andern Angelegenheiten bespricht er mit Ibu Thea und oder Ibu Thea entscheidet gar alleine. Er ist handwerklich recht begabt, aber was er macht, macht er viel zu kompliziert, vor allem unnötig präzise und er braucht zum Arbeiten immer einen Tisch, auf dem Fussboden scheint er nicht arbeiten zu können. Die meiste Zeit ist er hinter dem Computer. Illu, die Haushaltshilfe, hat mir erzählt, dass er an einem balineschen Kalender arbeite und Musik mache er auch mit dem Computer und ich habe von ihm auch schon Konstruktions-Pläne gesehen, die wie Photos aussehen. Schon komisch was man mit dieser Maschine alles machen kann. Aber den ganzen Tag in den Bildschirm starren und auf der Tastatur herum hämmern, das wäre nichts für mich.


Mit Ibu Thea kann man nicht diskutieren. Wenn sie etwas will, dann will sie es wirklich. Auf Kompromissvorschläge geht sie erst gar nicht ein, schade, denn damit verliert sie, ohne es zu merken, immer wieder mal das Gesicht. Aber sie scheint ein gutes Herz zu haben und so werden ihr die Götter verzeihen. Ich werde sie auf jeden Fall in meinen Bitten an die Götter mit einschliessen.